Erster Cannabis Social Club der Stadt: „Wir würden das für Offenbach machen“ (2024)

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Von: Julius Fastnacht

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Jonas E. plant den ersten Cannabis Social Club Offenbachs. Er erläutert, warum er die Legalisierung für richtig hält - und welche Hürden den Club erwarten.

Offenbach – Jonas E., 33 Jahre, Software-Ingenieur, sitzt in einem Café am Wilhelmsplatz. Auf dem Handy ploppt eine E-Mail auf. „Wieder eine Anfrage“, sagt er. „Aktuell bekommen wir zehn bis 15 pro Tag.“ E., gebürtiger Offenbacher, plant mit sechs Gleichgesinnten, die erste nicht-kommerzielle Cannabisabgabestelle in der Stadt zu eröffnen: den Starbuds Cannabis Social Club. Doch der Antrag für die Anbauvereinigung liegt seit Wochen beim Amtsgericht. Der Bundesrat könnte das neue Gesetz aufschieben. Bislang schlurft die ursprünglich für April beschlossene Legalisierung ziemlich träge daher, findet Jonas E.

Was der Gründer von Offenbachs erstem Cannabis Social Club am Status Quo kritisiert

Jonas E. hat schon als Jugendlicher gekifft, erzählt er. Vom Weg abgebracht hat ihn die Droge nicht: Mittlerweile arbeitet er für eine Frankfurter IT-Firma, lebt mit Frau und Sohn. Verharmlosen will er den Konsum keinesfalls: „Das Risiko für Psychosen, für Sucht, ist mir extrem bewusst.“ Tatsächlich besteht laut Bundesgesundheitsministerium bei jedem vierten Cannabis-Konsumenten ein problematisches Konsumverhalten. Dass Deutschland kifft, Illegalität hin oder her, ist Fakt: Allein bei den Erwachsenen nahmen 2021 rund 4,5 Millionen Deutsche Marihuana zu sich.

Erster Cannabis Social Club der Stadt: „Wir würden das für Offenbach machen“ (1)

„Ich denke, die Legalisierung ist der richtige Weg“, meint Jonas E. Die Strafverfolgung, wie sie bislang praktiziert wird, hält er für kontraproduktiv, gerade bei Jugendlichen: „Ich habe das selbst erlebt, Arbeitsstunden bekommen, mir wurde der Führerschein verwehrt. Mir hat keiner geholfen. Wir verbauen jungen Menschen ihr Leben. Stattdessen brauchen wir Vorbeugung.“ Die Deutsche Psychotherapeuten Vereinigung teilte vergangenes Jahr mit: Die durch Legalisierung eingesparten Kosten bei der Strafverfolgung sollten etwa der Suchtprävention zugutekommen. E. sagt: Auch die Social Clubs könnten einen Präventionsbeitrag leisten.

Bis zu 50 Gramm dürften Social Clubs monatlich an volljährige Mitglieder abgeben, so sieht es das Gesetz vor. „Wir haben uns entschieden, erst Menschen ab 21 Jahren aufzunehmen“, sagt E. Unter anderem, weil der Cannabis-Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) als besonders schädlich für die Entwicklung des Hirns bei Jugendlichen gilt. E. hat zudem eine App entwickelt, um die Gebrauchsmuster der Mitglieder aufzuzeichnen. „Wir sehen genau, wem wir wie viel abgeben, und versuchen einzugreifen, wenn sich ein schädliches Muster einschleicht.“ Außerdem würde ein Werbeverbot gelten. E. zeigt Fotos bunter Cannabis-Päckchen mit aufgedruckten Früchten oder Bonbons, die illegal aus den USA nach Europa schwappen – das darf es bei Starbuds nicht geben.

Warum Cannabis Social Clubs ein finanzielles Risiko bergen

Dazu ist auf dem US-Markt eine Gefahr herangewachsen, die längst Europa erfasst hat: „Hippe Sorten werden mithilfe von Chemikalien hochgezogen. Sozusagen Anabolika für die Pflanzen“, sagt E. Ergebnis sind hochpotente Marihuanasorten. Von der Berliner Polizei beschlagnahmtes Cannabis wies einen doppelt so hohen Wirkstoffgehalt auf wie noch zehn Jahre zuvor, berichtete die dpa 2022. Auf Zusatzmittelchen will Starbuds bei der Züchtung verzichten und für die Mitglieder ausweisen, wie stark das gekaufte Produkt daherkommt. „Wir würden nach Standards anbauen, die Reinheit und Sterilität gewährleisten“, sagt E.

Genau da steckt für E. die Krux der Social-Club-Idee, wie Berlin sie geplant hat. Mit Gewinnabsicht dürfte Starbuds seine Produkte nämlich nicht vertreiben. Gleichzeitig rechnet E. mit Kosten um die 250 000 Euro, um Anbau und Abgabe zu starten. „Das Konzept ist nicht ganz schlüssig. Wie soll das umgesetzt werden?“, fragt er.

Aktuell suchen die Gründer Sponsoren, die ihren Plan unterstützen. E. vermutet: Am Ende würden sich die Gründer mit hohen Beträgen selbst einbringen müssen, etwa in Form von Darlehen an den Club. Sollte sich das Modellprojekt als finanziell tragfähig erweisen, könnten zumindest die Kredite auf lange Sicht vom Verein an die Gründer zurückfließen. Wie Starbuds Geld erwirtschaften würde? E. plant mit vier bis sieben Euro Abgabekosten pro Gramm Cannabis, dazu käme ein einmaliger Mitgliedsbeitrag von 99 Euro. Bis zu 500 Mitglieder darf der Club aufnehmen.

Cannabis-Abgabestelle für Offenbach gesucht

Auch die Ortswahl könnte Kopfzerbrechen bereiten. „Wir haben uns schon potenzielle Anbauhallen in der Gegend angeschaut. Oft hieß es dann: ‘Mir wäre es lieb, wenn ihr jetzt schnell verschwindet’“, berichtet E. – oft fehle das Bewusstsein für den Gesetzeswandel. Auch eine Abgabestelle, Herz des Social Clubs, müsste noch gesucht werden. „Am besten in Rumpenheim, Bieber oder Bürgel“, sagt E., Stadtteile, wo die Anonymität der Mitglieder gewährleistet sei. Mindestens 200 Meter von Schulen und Kindergärten entfernt müssten die Gebäude liegen, so fordert es das Gesetz.

Als Herausforderung wabert die Vision vom Starbuds Cannabis Social Club vor den Augen von Jonas E. „Wir würden das für Offenbach machen, als Pioniere“, sagt er. „Wenn Du nichts tust, verändert sich nichts. Deshalb gehen wir den ersten Schritt. Ob der gut oder schlecht ist, werden wir sehen.“ (von Julius Fastnacht)

Bundesrat könnte Gesetz aufschieben

Unter den Ländern formiert sich Widerstand gegen die teilweise Legalisierung von Cannabis zum 1. April. Drei damit befasste Ausschüsse des Bundesrats empfehlen, das vom Bundestag beschlossene Gesetz in den Vermittlungsausschuss zu schicken. Der federführende Gesundheitsausschuss schlägt unter anderem vor, das Inkrafttreten des gesamten Gesetzes auf den 1. Oktober zu verlegen. Auch der Innen- und der Rechtsausschuss führen in ihren Empfehlungen Einwände an. Dagegen empfiehlt der Verkehrsausschuss, das Gesetz passieren zu lassen. Inwiefern das Plenum der Länderkammer den Empfehlungen der Ausschüsse folgt, zeigt die Abstimmung am 22. März. Aber: Das Gesetz ist im Bundesrat nicht zustimmungsbedürftig. Die Länderkammer könnte lediglich den Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag anrufen und das Verfahren so abbremsen. (dpa)

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